Himmelfahrt: Die Blicke richten sich nach oben. In manchen Kirchen ist das schön bildhaft dargestellt, wie Jesus in den Himmel auffährt – manchmal einschließlich zurückgelassener Sandalen.
Die Himmelfahrtsgeschichte allerdings lenkt die Blicke nicht nach oben. „Was steht ihr da und seht zum Himmel?“ – so fragen die Engel die Jünger. Die Boten Gottes weisen unsere Blicke auf die Erde.
Abschiede sind manchmal nötig, damit Neues wachsen kann. Ein Kind muss sich von den Eltern abnabeln, um eigene Schritte ins Leben zu gehen. Der Amtsvorgänger muss loslassen, damit die Nachfolgerin Freiraum zur Entfaltung hat, Raum für eigene Wege – eigene Fehler eingeschlossen.
Der irdische Jesus verlässt seine Jünger. Er ist nicht mehr sichtbar in ihrer Mitte, er überlässt ihnen das Feld. Als die Jünger ihm noch nachschauen, weisen Engel sie auf die Erde. Hier ist ihr Ort. Ab jetzt gilt es, in eigener Verantwortung Christusnachfolge in dieser Welt zu leben. Ohne seine sichtbare Anwesenheit, aber im Vertrauen auf seine verborgene Gegenwart.
Bei der Himmelfahrt geht es um die Erde. Jesus schickt seine Jünger auf den Weg. „Ihr werdet meine Zeugen sein“ sind die letzten Worte des auferstandenen Jesus an seine Jünger. Und: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen“, des Geistes also, durch den Jesus Christus zu aller Zeit bei seiner Gemeinde gegenwärtig ist. Jesus traut uns zu, heute als Christenmenschen verantwortlich in dieser Welt zu leben, ihn zu bezeugen, Kirche zu gestalten – Fehler und Rückschläge eingeschlossen, und doch ohne zu resignieren und voller Gottvertrauen. Himmelfahrt – das ist das Fest des erwachsenen Christseins.
(Der Autor, Hans Christian Brandy, ist Regionalbischof für den Sprengel Stade in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.)