Rund um den „Internationalen Tag des Glücks“ wurde vergangene Woche wieder viel über das Thema Glück berichtet. Was in den säkularen Studien meist keine Beachtung findet, ist der Zusammenhang zwischen Glück und Glaube. IDEA bat daher zwei Theologen um eine Einschätzung zur Frage: Macht der christliche Glaube glücklich?
PRO
Der Glaube bewahrt niemanden vor Leid. Und er macht natürlich auch nicht einfach in einem oberflächlichen Sinne glücklich. In einem tiefen Sinne aber schon. Dafür acht Beispiele:
- Alles Gute, das uns im Leben zuteilwird, ist im Licht des Glaubens Geschenk. Er macht deshalb dankbar.
- Das Schwere, das wir erleben, hilft der Glaube zu tragen. In solchen Zeiten kann er Trost und Halt geben.
- Wer glaubt, hat für sein Leben eine Perspektive, einen Sinn und ein Ziel. Nämlich letztlich das: Liebe zu empfangen und weiterzugeben.
- Liebe und Gemeinschaft findet der Glaubende nicht nur in der Familie oder bei Freunden, sondern – hoffentlich – auch bei seinen Schwestern und Brüdern in der Gemeinde. Jesus selbst nennt das den „Lohn der Nachfolge“.
- Auch ermutigt er seine Nachfolgerinnen und Nachfolger dazu, sich nicht zu sorgen, sondern im Hier und Jetzt zu leben. Wie die Lilien auf dem Felde.
- Genuss wird im christlichen Glauben nicht verurteilt. Essen, Trinken, Sexualität, die Schönheit der Schöpfung – all das sind Gaben, die wir empfangen und genießen können.
- Wer glaubt, kann Vergebung in Anspruch nehmen und anderen vergeben.
- Und schließlich: Wer glaubt, hat Hoffnung. Auch über den Tod hinaus.
Auffällig: Genau diese Merkmale haben Umfragen und die aktuelle Glücksforschung als die entscheidenden Glücksfaktoren identifiziert. Dankbarkeit, Trost, Sinn, stabile Beziehungen, im Hier und Jetzt leben, Genuss, Vergebung, Hoffnung: Das macht den Unterschied! Fazit: Gott nahe zu sein, macht glücklich (Psalm 73,28). Und letztlich ist Jesus unser Glück und unsere Freude. In allem Leide.
(Der Autor, Prof. Rüdiger Gebhardt, ist Rektor der CVJM-Hochschule in Kassel. Er lehrt Religions- und Gemeindepädagogik sowie Systematische Theologie.)
KONTRA
Befragt man die Bibel nach dem Glück, so macht man eine überraschende Entdeckung: Der Begriff findet sich im Alten Testament nur an einigen Stellen, die in den unterschiedlichen Bibelübersetzungen mal mit Glück, dann aber auch mit Erfolg oder Gelingen wiedergegeben werden. Am auffälligsten ist jedoch, dass das Wort „Glück“ im Neuen Testament überhaupt nicht vorkommt. Das legt den Schluss nahe, dass Glück keine angemessene Zustandsbeschreibung für im Glauben stehende Menschen ist. Macht der Glaube hier und heute glücklich? Wohl eher nicht. Aber er schenkt eine umfassende Freude, die auch in der Erfahrung persönlichen Leides durchträgt. Und er lässt Menschen aufatmen und jubeln über das ihnen von Jesus geschenkte Heil. Und schließlich weckt er in ihnen die Sehnsucht nach Gottes neuer Welt.
Ich erinnere an die Seligpreisungen am Beginn der Bergpredigt (Matthäus 5,3–11). Hier wird zwar das im griechischen Urtext stehende Wort „makarios“ von manchen Bibelübersetzern mit „glücklich sind …“ übersetzt. Wenn wir uns aber klarmachen, dass Jesus hier die Armen, Leidtragenden, Sanftmütigen, nach Gerechtigkeit Hungernden etc. selig preist, dann hat das offensichtlich mit unserem landläufigen Verständnis von Glück nichts zu tun. Bei Jesus ist das Verständnis von Glückseligkeit auf eine heilvolle Zukunft gerichtet. Es geht nicht um augenblickliche Glücksmomente, sondern um das künftige dauerhafte Glück in Gottes bergender Nähe (Offenbarung 21,3f.). Darum weist Jesus zur Begründung auf die Zukunft: „Sie sollen getröstet werden … sie werden das Erdreich besitzen“. So werden wir beständiges, ungetrübtes Glück erst in der künftigen Herrlichkeit bei Gott finden.
(Der Autor, Pastor Klaus Jürgen Diehl (Wetter/Ruhr), leitete den CVJM-Westbund, das Amt für issionarische Dienste der westfälischen Landeskirche sowie die CVJM-Senioren-Initiative.)