Die Ausfuhr von Waffen aus Deutschland ist in den vergangenen vier Jahren während der großen Koalition deutlich gestiegen – auch in Krisengebiete. Aktuell wirft der Einsatz deutscher Panzer durch die Türkei gegen Kurden in Syrien die Frage auf, ob Waffenexporte ethisch vertretbar sind. In einem Pro und Kontra für die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) antworten darauf der Vorsitzende der Internationalen Martin Luther Stiftung, Michael Inacker (Kleinmachnow bei Berlin), und der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, Renke Brahms (Bremen). Er ist auch oberster theologischer Repräsentant der Bremischen Evangelischen Kirche.
Pro: Ohne Waffenlieferungen wäre der islamische Terror weiter auf dem Vormarsch
Für Inacker – er war Referent im Planungsstab des Verteidigungsministeriums – sind Waffenausfuhren „genauso ethisch vertretbar wie der Einsatz der Bundeswehr“. Um die Christen in Syrien vor den Schächern der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu schützen, seien Waffen notwendig gewesen: „Die Arbeitsgruppe einer Kirchensynode hätte dort nicht geholfen.“ Hätte Deutschland keine Waffen an die Kurden geliefert und die Allianz gegen den IS nicht unterstützt, „dann wäre der islamische Terror weiter auf dem Vormarsch“, so Inacker. Dass jetzt deutsche Waffen in den Dauerkonflikt von Türken und Kurden hineingezogen würden, ändere nichts an der ethischen Richtigkeit der Lieferung: „Man kann gegenwärtiges Unrecht nicht mit dem Hinweis auf zukünftiges Unrecht geschehen lassen.“ Zugleich gebe militärische Zusammenarbeit Einfluss. Die Politik habe so einen Hebel, um auf die Konfliktparteien einzuwirken. Inacker: „Dabei macht man sich die Hände schmutzig – aber die Hände in Unschuld zu waschen, hat Pilatus auch nicht vor seiner Verantwortung am Tod Jesu befreit.“
Kontra: Waffenexporte führen zu humanitären Katastrophen
Dagegen vertritt der EKD-Friedensbeauftragte Brahms die Ansicht, dass Waffenexporte zu humanitären Katastrophen führen. Die Ursachen von Flucht und Vertreibung würden dadurch verschärft. Brahms zufolge wird auch im Jemen Krieg mit deutschen Waffen geführt. Insofern sei es gut, dass bei den Sondierungsverhandlungen für eine große Koalition vereinbart wurde, Rüstungsexporte in Länder zu stoppen, die an dem Krieg beteiligt sind. Doch Jemen sei kein Einzelfall. Brahms: „Es muss ein Ende haben, dass Deutschland Waffen in Spannungsgebiete liefert.“ Dass auch Rüstungsexporte ohne vertragliche Einschränkung an NATO-Partner problematisch seien, zeige gerade der türkische Militäreinsatz in Syrien. Brahms fordert ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz, in dem die Transparenz von Exportentscheidungen deutlich erhöht, aber auch die Begründungspflicht hin zu den Befürwortern von Rüstungsausfuhren verlagert werde. Der Theologe plädiert ferner dafür, die Kontrollbefugnisse des Bundestages zu verstärken und ein Verbandsklagerecht gegen Rüstungsausfuhrgenehmigungen einzuführen.