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Stellungnahmen der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten zum Ersten Weltkrieg

Von: apduser Datum Beitrag: 09.11.2018 Kommentare: Keine Kommentare Tags: , , , , , ,

Am 11. November 1918 unterzeichneten Deutsche und Alliierte in einem Eisenbahnwagen bei Compiègne in Nordfrankreich ein Waffenstillstandsabkommen. Damit endete der „Große Krieg“ bei dem zwischen 15 und 17 Millionen Menschen starben. Der Erste Weltkrieg wurde von 1914 bis 1918 in Europa, im Nahen Osten, in Afrika, Ostasien und auf den Ozeanen geführt. Auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland hat zu den hundertsten Jahrestagen zum Beginn und Ende des Krieges Erklärungen herausgegeben.

Mut zum Frieden

„Mut zum Frieden“ lautet die Stellungnahme der Adventisten zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Sie wurde bereits am 4. Dezember 2017 während der Jahressitzung des Ausschusses der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland beschlossen und in der Februar-Ausgabe 2018 der Kirchenzeitschrift „Adventisten heute“ veröffentlicht. Die Freikirchenleitung empfiehlt in der Erklärung ihren Mitgliedern, sich weder direkt noch indirekt an einem Krieg zu beteiligen.

Dabei gelte zu bedenken, dass Krieg nicht gerecht sei. „Hinter jedem militärischen Konflikt stecken offene und versteckte Interessen, die nicht vom reinen Streben nach Gerechtigkeit getrieben sind.“ Das Schicksal der Menschen in Konfliktgebieten sei häufig zweitrangig. „Wenn ein Krieg endet, heißt das nicht, dass damit der Frieden begonnen hat.“ Das sei eine Lehre aus dem Ersten Weltkrieg, der erst der Auftakt einer modernen Kriegsführung gewesen wäre. Heute habe sich die Art und Weise, wie Kriege geführt würden, durch Cyberkrieg, Drohnenangriffe, autonome Waffensysteme, Bedrohung durch ABC-Waffen und weltweitem Terrorismus noch einmal drastisch verändert. Dabei seien die Konfliktlinien und Kriegsparteien oft nicht mehr eindeutig auszumachen, so die Stellungnahme.

Kein freiwilliger Dienst in der Bundeswehr

„Jesus Christus hat seine Nachfolger zu Friedensstiftern berufen“, wird in der Erklärung hervorgehoben. Wo Menschen im Frieden mit Gott lebten, suchten sie auch den Frieden mit Menschen; denn der Friede sei unteilbar und durchdringe alle Lebensbereiche. Daher empfiehlt die Freikirchenleitung ihren Mitgliedern sowie den Mitgliedern der Adventjugend in Deutschland, „sich weder direkt an einem Krieg im Rahmen des freiwilligen Dienstes in der Bundeswehr noch indirekt bei der Vorbereitung eines Kriegs durch Mitwirkung an der Waffen- und Zubehörproduktion sowie an der Informationstechnik zu beteiligen.“ Seit Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland im Jahr 2011 biete die Bundeswehr Anreize, sich freiwillig für die Streitkräfte zu verpflichten, etwa eine Berufsausbildung oder ein Studium. Trotzdem „ermutigt unsere Kirche aufgrund des nichtkämpferischen Grundgedankens der Bibel … niemanden, sich dem Militär anzuschließen“, wird der Präsident der adventistischen Generalkonferenz (Weltkirchenleitung), Pastor Ted N. C. Wilson, zitiert. Er macht darauf aufmerksam, dass die Siebenten-Tags-Adventisten „ihr historisches Zeugnis für den Frieden und den Dienst ohne Waffen“ seit ihrem Bestehen nicht aufgegeben hätten.

Friedensstifter beginnen im eigenen Umfeld

„Frieden zu stiften fängt in den menschlichen Beziehungen des eigenen Umfelds an und setzt sich von dort fort bis in gesellschaftspolitische Verantwortungsübernahme“, so die deutsche Freikirchenleitung in ihrer Erklärung. Zum Frieden beitragen könne daher auch der Einsatz für die Religionsfreiheit, Armutsbekämpfung durch Bildung, Erhaltung der Gesundheit durch Krankenhäuser und Gesundheitsaufklärung, Unterstützung von Lebensqualität durch die Arbeit der Adventistischen Entwicklungs- und Katastrophenhilfe (ADRA) sowie des Advent-Wohlfahrtswerks (AWW). Versöhnung, Vergebung, Frieden und Gerechtigkeit würden nur auf dem Boden einer gewaltfreien Lebensart gedeihen; so, wie es Jesus Christus, in seinem Leben und Sterben vorgelebt habe. Deshalb werden die Mitglieder der Freikirche aufgefordert, ihre Verantwortung in dieser Welt gewaltfrei auszuüben. Da Adventisten glauben, dass mit Jesu Wiederkunft das Friedensreich Gottes „auf uns zukommt“, sollten sie diesem Friedensreich schon heute durch ihr Verhalten entgegengehen.

Schuld und Versagen im Ersten  Weltkrieg

Kurz nach der allgemeinen Mobilmachung empfahl am 2. August 1914 die mitteleuropäische Leitung der Siebenten-Tags-Adventisten in Hamburg in einem Rundschreiben den einberufenen Adventisten, ihre „militärischen Pflichten freudig und von Herzen [zu] erfüllen“, von den Kriegswaffen Gebrauch zu machen und auch am Sabbat den Kriegsdienst zu versehen. Das Schreiben und weitere derartige Veröffentlichungen riefen während des Ersten Weltkriegs in den Gemeinden einen vielschichtigen Protest hervor, der zu Spannungen führte. Daran erinnert eine Stellungnahme zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren, welche die Ausschüsse des Süd- und Norddeutschen Verbandes der Freikirche am 6. und 13. April 2014 beschlossen und in der Gemeindezeitschrift „Adventisten heute“, Mai 2014, unter dem Titel „Schuld und Versagen“ veröffentlichten.

Viele Adventisten hätten in diesem „Großen Krieg“ ein Zeichen des Weltendes gesehen. Während vor dem Krieg nicht wenige Adventisten den Dienst beim Militär am Sabbat (Samstag) verweigert und dafür teilweise drastische Strafen in Kauf genommen hätten, sei von manchen bei Kriegsbeginn die Meinung vertreten worden, zur Vorbereitung auf die unmittelbar bevorstehende Wiederkunft Jesu gehöre es, auch den Gebrauch der Waffe abzulehnen, heißt es in der Erklärung.

„Heute erkennen und bekennen wir“, so die beiden deutschen Ausschüsse der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, „dass unsere Väter in diesen Auseinandersetzungen oftmals nicht im Geist der Liebe und Versöhnung gemäß dem Vorbild Jesu gehandelt haben.“ Aus Sorge um den Bestand der Glaubensgemeinschaft seien Ratschläge erteilt worden, die dem Wort Gottes widersprochen und zu tiefgreifenden Verletzungen geführt hätten. Die damalige adventistische Leitung sei ihrer Verantwortung gegenüber den Gemeinden nicht gerecht geworden. Sie habe Glaubensgeschwister, die ihrer Meinung widersprachen, zu Unrecht des „Abfalls“ vom wahren Glauben bezichtigt und in einzelnen Fällen sogar von staatlichen Behörden verfolgen lassen.

Als Botschafter des Friedens und der Versöhnung wirken

In der Stellungnahme vom April 2014 wird zwar darauf hingewiesen, dass die damaligen Verantwortungsträger bereits 1920 und erneut 1923 ihre Erklärungen zum Kriegsdienst als „fehlerhaft“ zurückgenommen und bedauert hätten, „dass solche Dokumente herausgegeben worden sind“. Dennoch bekräftigen die beiden jetzigen deutschen Freikirchenleitungen: „Auch wenn heute niemand der damals Beteiligten mehr am Leben ist, so bitten wir doch ihre Kinder und Nachkommen … um Entschuldigung für unser Versagen. Wir haben aus unserer leid- und schmerzvollen Geschichte gelernt, dass Kinder Gottes berufen sind, Menschen des Friedens zu sein und jede Form von Gewaltanwendung gegenüber Unschuldigen abzulehnen. Wir glauben, dass Nachfolger Jesu den Aussagen der Heiligen Schrift am besten Folge leisten, wenn sie in ihrer Umgebung als Botschafter des Friedens und der Versöhnung wirken.“

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